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Als staatlich geprüfter Vermögensberater versuche ich durch vielfältigste Informationen die Lage an den (Finanz)Märkten aus verschiedensten Perspektiven möglichst unabhängig zu betrachten.


Anbei meine Gedanken zur aktuellen Lage und den für mich wahrscheinlichsten Szenarien für die nähere Zukunft:


Es war vorhersehbar, dass ein Rückschlag im Finanzsystem erfolgen wird. Der Zeitpunkt und der Anlass dazu war nicht klar. 
Nun war es soweit: der Rückschlag erfolgte, als Anlass wurde und wird medial der Corona-Virus dafür verantwortlich gemacht.


Was nun geschieht, ist ein (teilweiser) Shut-Down der Realwirtschaft. Staatlich verordnete Betriebsschließungen in diesem globalen Ausmaß hat es bis dato noch nie gegeben. 
Begleitend dazu werden weltweit staatliche Hilfsmaßnahmen ergriffen, deren Ausmaß gar nicht erfassbar ist.
Österreich hat ein Hilfspaket in Höhe von € 38 Milliarden freigegeben, die EZB € 750 Milliarden und die USA $ 2 Billionen. Von vielen Staaten fehlt uns schlichtweg die Information, in welcher Höhe Hilfspakete geschnürt wurden. Somit müssen wir global von noch enorm viel höheren Summen ausgehen.


Noch vor diesen Hilfspaketen hat die FED Ihre Zinsen in 2 sehr überraschenden Schritten um satte 1,5% gesenkt, um die Märkte zu stützen. Diese Zinssenkungen sind jeweils am gleichen Tag am Markt völlig verpufft. Normalerweise hätten solche Schritte zu Kursexplosionen an den Märkten geführt – die Indizes gingen jedoch an beiden Tagen in die Knie. Das Signal war somit, dass die Märkte nicht daran glaubten, dass die Notenbank mit diesen extremen Schritten die Lage in den Griff bekommen kann.


Die Aktienindizes sind innerhalb von sehr kurzer Zeit um ca. 40% eingebrochen. Dieses Szenario hat sogar die Krise im Jahr 2008 übertroffen. Nicht in der Reduktion, aber im Zeitraum, indem diese erfolgte. Hier ging es (und geht es nach wie vor) richtig rund.
Mittlerweile sind ein paar Tage vergangen und die Kurse haben sich von den Tiefstständen ein wenig erholt. Dies wird auf die oben angeführten Hilfspakete zurückgeführt.


Nun gilt es aber innezuhalten und mit etwas Distanz die allgemeine Lage zu beurteilen.


Realwirtschaft:
diese wurde auf ein systemrelevantes Minimum reduziert (Gesundheit/Pharma, Lebensmittel, Energieversorger, Wasser, Telekommunikation). Es hängt jetzt sehr viel davon ab, nach welchem Zeitraum das System wieder hochgefahren wird. Es ist davon auszugehen, dass wir durchaus damit rechnen müssen, dass es mindestens 2-3 Monate dauern wird, bis die Realwirtschaft ihren Betrieb wieder aufnehmen kann. Es könnte auch noch länger dauern. Aber 2 Monate sind bereits ein sehr langer Zeitraum. Welcher Betrieb kann es sich leisten, 2 Monate lang (oder länger) keine Einnahmen zu kreieren? Die Fixkosten laufen weiter und müssen bezahlt werden. Stundungen helfen keineswegs, reduzierte Vorauszahlungen genauso wenig. Liquidität ist gefordert. Jedoch wurde den Firmen in den letzten Jahren signalisiert, dass Liquidität keine Priorität haben muss, da durch die niedrigen Zinsen diese jederzeit leistbar zur Verfügung gestellt werden kann. Somit stellt sich die Frage, wieviele Firmen tatsächlich einen Shut-Down von 2-3 Monaten überleben können. Ich gehe davon aus, dass sehr viele eine Insolvenz nicht verhindern können. Hier spreche ich von Klein- und Mittelbetrieben. Voraussichtlich wird Großkonzernen ein Überleben ermöglicht – koste es was es wolle.


Banken:
die Niedrigzinsphase war dafür verantwortlich, dass Firmen überleben konnten, die in einer „normalen“ Zinslandschaft überhaupt nicht mehr existieren hätten können. Dies bereinigt sich nun schlagartig. Viele Firmen werden gleichzeitig zahlungsunfähig. Nun gab es bereits vor der Virus-Krise eine prekäre Lage bei manch Banken – hier sei speziell der südländische Sektor angesprochen (Italien, Spanien, Griechenland). Diese Länder haben eine sehr wichtige Einnahmequelle: den Tourismus. Für 2020 kann man die Einnahmen in diesem Bereich schon sehr gut abschätzen. Nachdem letztes Jahr bereits Thomas Cook pleite ging und in diesen Regionen zu immensen Zahlungsausfällen führte, wird man das laufende Jahr auch abschreiben können. Hier haben sich offene Kreditsummen angehäuft, die nicht mehr zurückbezahlt werden können. Die Banken werden schlechte Kredite in einer enorm hohen Summe abschreiben müssen. Schon letztes Jahr mussten kleinere Banken in Italien vom Staat (=Steuerzahler) gerettet werden. Es ist nicht auszudenken, welche weltweiten Folgen es haben wird, wenn es die ein oder andere größere Bank erwischen wird. Da reichen dann keine 5 oder 10 oder 50 Milliarden mehr aus, um diese Ausfälle vom Staat zu kompensieren. Spätestens dann wird es um Summen gehen, die die bisherigen Hilfspakete übertreffen werden. Spareinlagen über € 100.000,- sind durch die Bail-In Regelung weg (Bail-In: dass zuerst nicht der Staat, sondern der Gläubiger der Bank – also jeder, der Einlagen bei der Bank gemacht hat – für eventuelle Ausfälle haften muss). Zu bezweifeln ist jedoch auch, dass die € 100.000,- noch verfügbar sein werden. Diese Sicherheit wurde unter der Annahme eingeführt, dass EINE Bank bankrott geht und andere Banken solidarisch sind und diese Einlagen zur Verfügung stellen können. Dafür wurde ein eigener Einlagensicherungsfonds gegründet. Dieser ist aber nicht im Entferntesten geeignet die Guthaben abzudecken, falls mehrere Banken gleichzeitig in Probleme geraten. Deshalb ist es zumindest anzuzweifeln, dass diese € 100.000,- wirklich sicher und verfügbar sein werden.


Notenbanken:
diese pumpen enorme Geldmengen in den Markt. Mittlerweile stützen diese die Märkte sogar direkt. Schier unbegrenzte Mengen an frischgedrucktem Geld werden Staaten zur Verfügung gestellt, um die Hilfspakete zu finanzieren.


Nun haben wir folgende, äußerst seltene Situation:
- die Märkte werden mit Unsummen von Geld geflutet
- die Gesamtgeldmenge steigt enorm
- durch den Shut-Down der Realwirtschaft reduziert sich die Anzahl der verfügbaren Waren


Und jetzt denken wir ein paar Wochen / Monate weiter:
- die Gefahr durch das Virus wird geringer
- Betriebe können wieder langsam öffnen – jedoch bei weitem nicht mehr alle von früher, da viele bereits nicht mehr existieren werden
- eine angestaute, sich bereits im Markt befindliche, sehr hohe Geldmenge trifft auf ein stark reduziertes Warenangebot


Eine denkbare Folge aus diesem Szenario wäre, dass die Preise der angebotenen Waren steigen > sprich: Inflation
Ob es eine hohe, eine galoppierende oder eine Hyper-Inflation sein wird – dies vermag niemand einzuschätzen. Dass es jedoch eine sehr spürbare Inflation geben wird, ist äußerst wahrscheinlich. Diese Inflationsgefahr nehmen wir derzeit noch überhaupt nicht wahr. Ich meine, sie wird uns treffen – wenn nicht sogar überrollen.


Aus all den Erkenntnissen stellen sich naturgemäß viele Fragen.
Anbei ein paar Antworten, die ich für mich gefunden habe:


Geld - Reserve:
eine Geldreserve in Höhe mindestens 3 Monatsgehälter bis zu einem Jahresgehalt sollte man besitzen (hier ist es egal, ob das am Girokonto, auf einem Sparkonto oder auf einem Sparbuch liegt).


Kredite / Schulden:
diese sollten - soweit möglich - getilgt werden. Dies ermöglicht eine Unabhängigkeit von jedem Gläubiger. Es ist (leider) nicht absehbar, wie sich ein Abhängigkeitsverhältnis in Extremsituationen entwickeln wird. Dieses Risiko kann durch die Unabhängigkeit minimiert werden.


Geldwert-Investments:
Über die Geld – Reserve hinaus halte ich Geldwert-Anlagen (wie bereits in der Vergangenheit) für absolut ungeeignet, da diese (immer schon) kaufkraftbereinigt stets die schlechteste Performance bezüglich dem Investment-Dreieck Ertrag / Sicherheit / Verfügbarkeit geliefert haben.
Dazu zähle ich:
    • Sparbuch
    • Sparkonto
    • Bausparvertrag
    • Lebensversicherungen
    • Girokonto
    • Anleihen allgemein


Sachwert-Investments:
unverändert sehe ich Sachwert-Investments als die lukrativste Alternative. Sachwerte haben in der Vergangenheit bewiesen, dass sie stets werterhaltende bzw. wertsteigernde Anlageformen waren.
Dazu zähle ich:
    • Gold und Silber
    • Aktien (für Insider, da hier sehr viel know-how erforderlich ist)
    • Investmentfonds
    • Immobilien (die eigen-genutzte Immobilie, von Immobilienfonds/Vorsorgewohnungen etc. rate ich im privatem Bereich ab)


Das Verhältnis der einzelnen Investitionen zueinander mag ich nicht verallgemeinern. Dies ist viel zu sehr von individuellen Voraussetzungen abhängig.
Grundvoraussetzung jedes Investments laut meinen Ausführungen ist eine langfristige Betrachtungsweise (mindestens 10 Jahre). Weiters ist eine monatliche Investitionsform (Sparplan) erforderlich, um Risiken abzufedern.


Was mache ich ganz allgemein, um der aktuellen Situation gerecht zu werden:
    • ich halte Vorräte, um mein Leben zu Hause über einen Zeitraum von 4 Wochen aufrecht erhalten zu können. Dies ist eine Maßnahme, die immer schon gegolten hat – jedoch viel in Vergessenheit geraten ist
    • darüber hinaus halte ich einen Vorrat von langlebigen Gütern vorrätig, um einer möglichen (Hyper)Inflation entgegenzuwirken
    • regelmäßige, unnötige Ausgaben reduzieren
    • in Zeiten sinkender Kurse die monatlichen Investmentraten erhöhen – kaufen zu tieferen Kursen erhöht die langfristige Performance
    • gestaffelte Einmalinvestitionen – niemand weiß, wann wir den Tiefpunkt erreicht haben. NIEMAND kauft zu Tiefstkursen. Deshalb immer auch ein wenig Reserve halten, um im „Crash“ kaufen zu können.


Ich hoffe, dass der ein oder andere Input für eine positive Bewältigung der Krise hilfreich ist.
Jede Krise ist schrecklich anzufühlen. Aber sie birgt auch Chancen - nutzen wir sie.


Und last but not least:
G´SUND BLEIBEN !!